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Was Minimalismus, die Tiny House Bewegung und Selbermachen gemeinsam haben

24. Februar 2017


Selbermachen hat mich immer schon fasziniert. Natürlich ist der Ausdruck von Kreativität und Indivudualität der stärkste Motor, aber auch Kosteneffizienz und ein sparsamer Umgang mit Ressourcen spielen für mich eine wichtige Rolle. Darüber hinaus ist es selbstverständlich ein Hobby, oft nicht mehr aber auch nicht weniger.

Später begann ich mich dann mit Minimalismus zu beschäftigen. Das war noch bevor es zum absoluten Hype wurde. Am spannendsten daran fand ich die Möglichkeit, mich nicht mehr als Opfer meiner beschränkten Konsummöglichkeiten sehen zu müssen, sondern meinen Fokus auf die Dinge und Aktivitäten zu legen, die MIR wichtig waren. Ich habe nie viel mit der Zahlenfixiertheit einiger Minimalisten anfangen können, weil ich denke, dass es keine Rolle spielt, ob ich nur 5 oder 15 Paar Schuhe besitze, solange ich weiß, warum ich es tue.

Als Maria anfragte, wer Lust hätte einen Gastbeitrag über ein nachhaltiges Thema auf ihrem Blog zu veröffentlichen hab ich mich sofort gemeldet. Damals hab ich mich gerade intensiv mit der aufkommenden Tiny House Bewegung auseinandergesetzt, die in Europa damals bestenfalls in den Kinderschuhen steckte.


Tiny House Movement

Damit man um einige notwendige Investitionen herumkommt (wie etwa Wasser- und Kanalanschluss, aber auch bauliche Vorschriften bei den Sanitäranlagen), die das Baurecht nicht nur bei uns in Europa vorschreibt, werden die meisten Mikrohäuser als mobile Variante auf einer Anhängervorrichtung gebaut. Dass damit gleich wieder neue bürokratische Hürden bezüglich Maximalhöhe, - breite und -länge auf einen zukommen, aber auch bautechnische Schwierigkeiten bei der Auswahl von geeigneten und vor allem leichten Materialien, ist gewiss. Aus diesem Grund sehen die meisten Mikrohäuser auch so aus, wie sie aussehen: lang, hoch und (im Verhältnis) extrem schmal - alles Vorschriften, um noch als normale "Last" durchzugehen.

Man muss aber schon sehr minimalistisch leben, um auf den 16 - 25 m² sein Auskommen zu finden. Wenig verwunderlich also, dass die meisten Mikrohäuser von Alleinstehenden bewohnt werden.


Der Kanal "Living Big In A Tiny House" stellt die unterschiedlichsten Mikrohäuser und ihre Besitzer vor. Es werden aber auch andere untypische Behausungen im Kleinstformat vorgestellt, wie etwa Jurten oder eine "Hobbithöhle". Die einen bauen sich die Dinger, weil sie einfach Lust drauf hatten, etwas ungewöhnliches auszuprobieren, andere aus ideologischen oder ökologischen Gründen und manche sehen darin einfach schlicht und ergreifend die Chance auf ein "Eigenheim" ohne Kredit.

Also kann man in der Tiny-House Bewegung, auch wenn man ihr sonst aus persönlichen Gründen nichts abgewinnen kann, eine Gegenbewegung zum Mainstream sehen. Es ist nicht automatisch toll ein großes Haus zu haben, genauso wenig wie viele Dinge zu besitzen. Mehr ist nicht zwangsläufig besser. Vor allem nicht, wenn man den hohen finanziellen und persönlichen (in Form von Lebenszeit, die zur Abbezahlung von Krediten nötig ist) wie auch ökologischen Einsatz mitberücksichtigt.

Die Idee, sich in einer Schuhschachtel häuslich einzurichten, kann also als verrückt bezeichnet werden. Genauso wie die Idee sich mit nur 100 Dingen durchs Leben zu schlagen. Aber vielleicht tut uns genau diese Verrücktheit als Gesellschaft gut, weil sie aufzeigt, was alles möglich ist. Man muss sein Leben ja nicht zwangsläufig so gestalten, aber man sich ein paar Anregungen herauspicken. Man kann es aber auch als eine Art Sicherungsnetz in Krisenzeiten sehen.

Tiny house, Portland
By Tammy (Weekend with Dee) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Ausweg aus der Krise

Der Autor von "Living Big In A Tiny House", Bryce Langston, schildert auf seiner Homepage, warum er sich für diese Bewegung zu interessieren begann:
I live in Auckland, New Zealand. It’s a city where the house prices have exploded to an average of over $1m and where a whole generation of young kiwis have found themselves priced out of the housing market. I was (and am) amongst that demographic.

Insofern empfinde ich das Wissen, dass man auch mit echt wenig Platz und Geld ein Zuhause basteln kann, das einem zumindest das Überleben ermöglicht, als sehr beruhigend. Denn wer kann uns garantieren, dass solche Hauspreise nicht auch auf uns zukommen? In Zeiten stetig steigender Mieten in den Städten wohl keiner.

Das günstigste Tiny House, das im oben genannten Youtube Kanal vorgestellt wird, hat sage und schreibe .... 12 Dollar gekostet. Das war erstens aufgrund seiner Konstruktion und zweitens, weil ausschließlich gebrauchte oder weggeworfene Materialien verwendet wurden, möglich. Aber auch wenn man nicht nur schlappe 12 Dollar für sein Haus ausgeben möchte: mehr als 40.000 Dollar haben sie alle nicht gekostet, sofern man in der Lage und gewillt ist, beim Bau selbst Hand anzulegen.

Alternative Lebenswege

Alle drei Teile - Minimalismus, Mikrohäuser und Do-it-yourself - können als Gegenströmung, als kritische und revolutionäre Möglichkeiten, als Alternative zur Konsumgesellschaft mit ihrem Wachstumszwang wahrgenommen werden. Sie zeigen kreative Lösungen für Probleme in unserer Gesellschaft auf, stellen wieder den individuellen Menschen und seine Bedürfnisse in den Vordergrund. Dabei geht es um die Frage, was man eigentlich will und braucht und nicht um bloße Reduktion oder Selbstbeschränkung. Es geht darum seine Wünsche wieder näher an die eigenen Bedürfnisse heranzurücken, was ein grundlegendes Problem unserer Konsumgesellschaft darstellt.

Darin sehe ich die Stärken dieser drei Strömungen. Denn wie schon der Besitzer meines Lieblingshauses so schön feststellte: bureaucracy strangles creativity.

Und darum finde ich es so schön, dass es anscheinend so viele verrückte Menschen gibt, die ihren Kopf durchsetzen und sich ihre minimalistischen oder Häuser in alternativer Bauweise selber basteln. Denn das Tiny House Movement ist nicht die einzige Gegenbewegung, die sich der herkömmlichen Hausbauweise widersetzt.

Munter wird an Jurten, Wohnwägen, Earthships, Strohballen- oder Lehmhäusern gewerkelt. Für die einen der persönliche Traum auf 20 m², für die anderen der Beweis, dass man auch so bauen kann. Darüber hinaus erfreuen sich diese bescheidenen Räumlichkeiten touristisch immer größerem Interesse und werden, wenn fertig gebaut und nicht dauerhaft bewohnt, auch vermietet. Wer also mal den Umgang mit Platzmangel üben möchte, kann sich ja mal zeitlich befristet in so einem Zwergenhaus einmieten.

Tiny house interior, Portland
By Tammy (Weekend with Dee) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

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