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Smartphones - destruktiv aber praktisch

4. Januar 2016

Smartphone

Bildquelle: Erwin Lorenzen / pixelio.de

Auf vielen Blogs und Websites, die sich mit dem Thema Minimalismus beschäftigen, liest man immer wieder, warum man verstärkt auf die Nutzung digitaler Medien setzen soll und was man dadurch gewinnt. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema findet man selten, immerhin sind diese Medien so massentauglich geworden, dass sie aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sind.
Doch man stelle sich folgende Situationen vor: hektische Betriebsamkeit an einem öffentlichen Knotenpunkt; gemütliches dahin tuckern in der Straßenbahn; warten auf den Zug. Und was machen (fast) alle? Genau, sie stieren in ihr Smartphone als wäre darin die Weisheit der Welt versteckt. Selten sieht man Menschen die ein Buch lesen, einfach aus dem Fenster schauen oder ihre Umgebung beobachten. Die Fenster in öffentlichen Verkehrsmittel dienen heutzutage eher der Einsparung von Beleuchtungsenergie.

Doch auch bei Gesprächen mit Freunden und Bekannten kommt so mancher Heavy User nicht ohne den Input von Statusmeldungen aus sozialen Netzwerken, Benachrichtigungen von WhatsApp oder einem Sammelsurium grotesker Youtube-Videos aus. Wer sich bei einem Gespräch nicht beteiligen will oder kann, hat zudem auch immer die Möglichkeit sich auszuklinken und sich mit diversen Spielen die Zeit zu verwischen, Pardon vertreiben, in der Hosentasche.

Aber mal abgesehen von oben beschriebenen Szenarien, die wohl jedem schon mal einen bösen Blick für sein Gegenüber entlockt haben, hat so ein Ding ja unheimlich viele Vorteile. Heißt es zumindest. Man hat endlich alles was man nie brauchte auf einem Gerät und kann damit auch noch telefonieren. Wer muss denn heute noch Fähigkeiten in der Orientierung besitzen. Mit dem eingebauten Navi werden wir uns nie wieder im Wald verirren und den Hungertod erleiden, vorausgesetzt der Akku ist nicht leer.

Die geringen Akkulaufzeiten sind dann meist auch der einzige Kritikpunkt, vor allem wenn es um die angebliche Erhöhung der Sicherheit von Leib und Leben durch diese Wunder der Technik geht. Ständiges online sein scheint für die meisten eher ein Pluspunkt, die Ablenkung die damit einhergeht ein notwendiges Übel zu sein. Immerhin wird unser Gedächtnis durch die an dieses schlaue Ding ausgelagerte Arbeit ja unterstützt. Endlich muss man sich nicht mehr alles merken, man kann ja alles jederzeit nachschlagen. Und dank der Beschränkung von namhafter Kurznachrichtendienste auf 140 Zeichen müssen wir auch nie mehr als zwei Sätze auf einmal lesen.

Auch die Netzbetreiber haben unsere Bedürfnisse nun endlich erkannt und bieten uns jährlich ein neues Smartphone an um auf dem neuesten Stand zu blieben, wie man so schön sagt. Viel länger hält dieses Wunderding auch nicht, hat es doch die nervige Angewohnheit beim Runterfallen am Display zu landen und selbiges meist unwiederbringlich zu zerstören. Ist nicht ein Sturz am vorzeitigen Ableben schuld ist es dann irgendwann der Akku. Während man früher Akkus bei fast jedem Gerät problemlos auswechseln und nachkaufen konnte, überfordert dieser Schritt im Produktdesign heutzutage anscheinend die Hersteller.

Der Trend zur Reduktion reduziert in diesem Fall vor allem unsere geistigen und sozialen Fähigkeiten und schließlich auch die Zeit, die wir in der realen Welt um uns herum verbringen.

Durch akustische Signale buhlen WhatsApp, Facebook und dergleichen um unsere Aufmerksamkeit und verhindern somit kurzzeitig unsere Wahrnehmung des „unmittelbaren“ Lebens. Eine stets präsente Parallelwelt lauert in unserem Hinterkopf und das Smartphone verschafft uns den Zugang dazu. Das hat nicht nur Auswirkungen auf unsere Lebensqualität, sondern macht uns auch abhängig. Denn: alles was du hast hat irgendwann dich.

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Eine kritische künstlerische Auseinandersetzung ist übrigens Eric Pickersgill in der Fotoserie "Removed" gelungen. Der Fotograf hat dabei Menschen in Alltagssituationen abgebildet und dabei Smartphones und Tablets auf den Fotos
entfernt.

Und wer sich selbst ein Bild über die schädlichen Folgen unseres übermäßigen Konsums digitaler Medien mache möchte, sei an dieser Stelle eingeladen das Buch "Digitale Demenz" von Manfred Spitzer zu lesen. Absolut empfehlenswert!

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